Erstes open-Air-Klangmuseum in diesem Jahr mit Kalle Laar am Donnerstag
München - Seit fünf Jahren lädt der Avantgarde-Musiker Kalle Laar jeweils am letzten Donnerstag im Monat zur Nacht der Verlorenen Musik" im Lenbachhaus ein - inzwischen ein Party-Event mit Kultstatus. Diesen Donnerstag findet das Hörkino, wie jeden Sommer, zum ersten Mal in diesem Jahr im Innenhof der Glyptothek statt. Ausserdem stellen der Fotograf Michael Wesely und der Soundkünstler heute Abend ihre erste Picture Disc vor. Mit Kalle Laar sprach Sabina Moser
DIE WELT: Was hat es mit dieser Schallplatte auf sich?
Kalle Laar: Mich interessieren die Klänge, die uns umgeben. Gemeinsam mit Michael Wesely, der sich mit extremen Langzeitbelichtungen einen Namen gemacht hat, entstand die Idee, in zehn Metropolen akustisch - visuelle Momentaufnahmen zu machen. Das, was du siehst, hörst du. Die ersten beiden Platten von Los Angeles sind nun fertig. Während der zwanzig Minuten Belichtungszeit habe ich den Originalsound der Straßenszene aufgenommen. Auf der B-Seite habe ich das Material dann bearbeitet.
DIE WELT: Wie ist das Temporäre Klangmuseum entstanden?
Laar: Mit dem Verschwinden von Vinyl geht eine Musikkultur verloren. Mich interessiert der Zeitgeist der Platten, besonders wenn Sprache drauf ist, wie bei den Werbeplatten, die in den 50er bis 70er Jahren populär waren. Da gab es die Stimme des Arztes mit ethnischen Heilklängen und dazu Kopfschmerztipps oder Exotika-Platten mit Tierstimmen drauf.
DIE WELT: Was haben Sie mit ihren musikalischen Ausgrabungen gemacht?
Laar: Der Start war vor fünf Jahren die erste Platte mit verschiedenen Interpretationen von La Paloma. Mir ist wichtig, dabei die Falle der Nostalgie zu vermeiden oder reinen Sammlerdrang zu befriedigen. Für mich ist das alles Arbeitsmaterial. Bei den Live-Abenden mische ich Musik mit Sprache, dabei mache ich auf die alten Platten selbst neue Kratzer rein, aber es entsteht was Eigenes.
Klangkünstler und Performer
Kalle Laar
Foto: Florian Holzherr
DIE WELT: Ist das ihre persönliche Spielwiese oder wollen Sie Kulturgut retten?
Laar: Ich bin kein Pädagoge, ich mache musikalische Angebote, auf die sich die Leute einlassen können. Es muss für mich selbst spannend bleiben, deshalb stelle ich die Musik auch nicht vorher genau zusammen sondern in der Improvisation. Ich versuche, dabei in einen Fluß zu kommen.
DIE WELT: Sie stellen die Klangabende immer unter ein Motto mit Bildprojektionen ...
Laar: Die Dias an der Wand sind ganz einfach die alten Plattencover. Dazu zeige ich FiImausschnitte,die einen atmosphärischen Hintergrund liefern.
DIE WELT: Gibt es weitere musikalische Projekte?
Laar: Ich mache Klanginstallationen, Hörspiele und zusammen mit meinem berliner Kollegen Zeitblom auch Musik für Bühnenstücke. Am Mannheimer Nationaltheater haben wir gerade für das Stück Die arabische Nacht" exotische Musik remixed. Am Filmhaus Köln veranstalte ich mit Joachim Kuhn Sessions: Da zeigt er verschiedene Filmszenen, ich bringe einen Stapel Platten mit, die ich spontan dazu auflege.
Heute Prasentation der Picture-Discs von Kalle Laar und Michael Wesely, 20-23 Uhr, Atelier Plinganserstr 52.
Am Donnerstag, 31.5.: La Linea & Signor Rossi - Mediterraner Zeichentrick, dazu Animations-& Filmmusik im Innenhof der Glyptothek am Königsplatz, 21-1 Uhr.